Zum Inhalt springen

Plastikflut: Herrliche Aussichten!

Warum steigt die Weltweite Plastikproduktion immer weiter an? Woher sollen die Rohstoffe kommen? Und: wohin mit dem ganzen Plastik? – Von Manuel

Plastikflut: Anstieg der Nachfrage nach Kunststoff bis 2030 - Generation-Plastik.de
Plastikflut: Anstieg der Nachfrage nach Kunststoff bis 2030 [SZ] – Generation-Plastik.de

Das Handelsblatt berichtet heute morgen von der Plastikflut [Handelsblatt, 15.10.2019]. Bis zum Jahr 2030 wird sich die weltweite Nachfrage nach Kunststoff verdoppeln! Für mich alamierende Nachrichten. Zumal Plastik weltweit immer stärker in die Kritik gerät.
„Wir produzieren in unserer Konsum- und Wegwerfgesellschaft bislang viel zu viel Plastik“, sagt Bundesumweltministerin Schulze in der Ankündigung der Bundesregierung zu ihrem 5-Punkte-Plan gegen zuviel Plastik [Bund]. Der Plan besteht aus den folgenden fünf Punkten:

  • Überflüssige Produkte und Verpackungen vermeiden
  • Umweltfreundliche Verpackungen und Produkte
  • Mehr Recycling
  • Kein Plastik in der Biotonne
  • Internationales Engagement

Soweit so gut. Das, was die Bundesregierung plant, klingt alles auch soweit stimmig. Doch wie passt das zu der Verdopplung des Ausstoßes der Plastikindustrie? Die Verdopplung basiert letztlich auf der Projektion der Nachfrage. Das heißt, dass noch nichts dessen produziert wurde. Wir haben ja noch das Jahr 2019. Ein Großteil des „neuen“ Plastik soll daher auch aus wiedergenutzten „alten“ Plastik durch verbessertes Recycling gewonnen werden. Doch dafür fehlen derzeit noch die Technologien. Zwar intensivieren Firmen wie BASF und Covestro strategische Programme und Forschung mit dem Ziel Plastik wieder in die ursprünglichen (petrochemischen) Bestandteile zu zerlegen, doch wie lange wird es dauern, bis diese Anlagen in großen Stil laufen und den Bedarf decken können? Bis dahin wird man noch viel billiges Plastik aus Öl herstellen.

Warum ist Plastik so billig?

Die Herstellung in Großchemischen Anlagen ist eine bekannte Technologie und auf effizienz getrimmt. Da kann man sicherlich durch Optimierung noch den ein oder anderen Cent sparen. Kunststoff ist derzeit aber günstig, weil auch der Ölpreis als Grundstoff billig ist. Öl ist aber eine endliche Resource, wir erinnern uns an die Diskussionen rund um Peak-Oil [Peak]. Demnach haben wir derzeit das maximale der Reserven erreicht, ab jetzt und in den kommenden Jahren wird man nicht mehr Öl-Reserven erschliessen – weil es keine mehr gibt! Die derzeitigen können wir nur noch leer saugen. Aus die Maus.
Der Ölpreis ist niedrig, weil er noch vor ein paar Jahren hoch war – Paradox, doch lest selbst:

Auf den ersten Blick gibt es eindeutige Gründe dafür, warum ein Barrel Rohöl (circa 159 Liter) nicht dauerhaft mehr als 100 Dollar kosten konnte. Sie haben mit dem Grundprinzip der Marktwirtschaft zu tun, dem Ausgleich von Angebot und Nachfrage. Je höher der Preis steigt, desto mehr lohnt es sich für Förderländer und -unternehmen, in neue Quellen zu investieren. Eindrucksvoll zu beobachten war das in den vergangenen Jahren in den USA. Dort hat der Fracking-Boom zu einer enormen Steigerung der Ölproduktion geführt. Heute produziert das Land so viel Öl wie zuletzt 1973. Dadurch werden große Mengen für andere Abnehmer an den Weltmärkten frei.

Süddeutsche Zeitung: Darum ist Öl so billig [SZ]
Entwicklung des Ölpreises der Sorte Brent in US-Dollar über die letzten 5 Jahre - Generation-Plastik.de
Entwicklung des Ölpreises der Sorte Brent in US-Dollar über die letzten 5 Jahre – Finanzen.net

Der Teufelskreis

Fracking-Öl und -Gas überschwemmt den Markt und hält die Einkaufspreise für die Grundstoffe der Plastikindustrie unten. Daher ist Kunststoff ein günstiger Rohstoff in allen Bereich unseres Lebens. Zwar ist der Ölpreis seit dem Fracking-Boom in den 2009-er Jahren und dem darauf folgenden Preisverfall wieder gestiegen. Das schlimme ist: Je höher der Ölpreis desto attraktiver ist die Förderung und Ausbeutung von Öl – ein Teufelskreis.

Nachfrage hoch durch Megatrends

Trotz all der Kritik an Plastik: Woher kommt die steigende Nachfrage? Die Nachfrage im Bereich der Verpackungen und Konsum ist sicherlich getrieben aus dem gestiegenem Wohlstand der bevölkerungsreichen Länder in Asien. Und auch hier ist die Nachfrage nach Wohlstand=Luxus=Lifestyle=Westen=ToGo (sieh hier) immer noch größer als das Umweltbewusstsein. Erstmal leben. Um den Rest kümmern wir uns später. Das erklärt den Anstieg, dieser wird aber sicher auch durch Einsparungen in Europa oder durch Plastik-Bann gedämpft. Eine Verdopplung lässt sich dadurch nicht erklären.

Der Grund liegt in den globalen Megatrends E-Mobilität, Medizintechnik und Klimaschutz!

  • E-Mobilität: Elektrofahrzeuge müssen leicht sein, um genug Reichweite zu erzielen. Immer mehr Stahl wird in den Autos durch Leichtbau-Kunststoff ersetzt [SZ]. Außerdem werden Kunststoffe auch in der Batterietechnik gebraucht.
  • Medizintechnik: ist Kunststoff die Basis für neue Hüftgelenke, künstliche Herzklappen oder Inlays für Hörgeräte [SZ].
  • Klimaschutz: Gebäude durch bessere Isolierung bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu machen, ist ohne Kunststoffe nicht zu realisieren. Der Hartschaum Polyurethan ist Basis für die bessere Isolierung von Gebäuden [SZ].

Was kann man also tun?

Die Bundesregierung liegt mir Ihrem 5-Punkte-Plan schon richtig. Aber auch hier wird sich zeigen, wie schnell die Umstellung greift und ob trotz allem der Anstieg dadurch – wenn überhaupt – nur gedämpft wird. Wie immer sind es die kleinen Dinge die helfen:

Stopp dem Einweg-Plastik und dem unnützen Müll. Vermeidung von Verpackungen und Plastik sowie der Griff zu Mehrweg-Behältern hilft einen großen Teil des Mülls zu verhindern.

Aber auch im Großen muss man sich Gedanken machen und Entscheiden: Bei der Isolation und Sanierung von Gebäuden empfehlen wir auch hier die Alternativen zu prüfen. Es gibt tolle Isolationsstoffe aus Holz oder anderen natürlichen Materialien. Nicht nur die Verschwendung von Öl zur Herstellung von Plastik in Form von Styropor und Polyurethan ist ein Problem, der Brandschutz zählt zu den großen Risiken.

Die E-Mobilität steht noch am Anfang der Entwicklung. Die großen Debatten und die steigende Kritik ist nicht von der Hand zu weisen: Umweltzerstörung durch den Abbau von Lithium, kurze Reichweiten und Themen rund um die Zuverlässigkeit der Fahrzeuge gehören hier mit ins Kalkül. Unsere Empfehlung ist auch hier ganz klar der Verzicht: Einfach mal das Auto stehen lassen. Fahrgemeinschaften und öffentlicher Personennahverkehr sind zu bevorzugen. Wir wissen aber auch hier um die Schwierigkeiten: Verfügbarkeit, Gebundenheit, Preis,… Alles hat seinen Preis.


[Handelsblatt] https://app.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/kunststoffhersteller-die-plastikflut-nachfrage-koennte-sich-bis-2030-verdoppeln/25113916.html?ticket=ST-38707863-XjZKYB10QsxGUd1mQP1p-ap4

[Bund] https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/weniger-plastik-mehr-recycling-1554450

[Peak] https://de.wikipedia.org/wiki/Globales_Ölfördermaximum

[SZ] https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/entwicklung-des-oelpreises-darum-ist-das-oel-so-billig-1.2307678

Sei der Erste der einen Kommentar abgibt

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

%d Bloggern gefällt das: